Sonntag, 10. Juni 2012

Diebstahl bei FTD-Kranken

Heute möchte ich darüber berichten, wie erstaunt, verletzt und niedergeschlagen ich mich fühlte, als ich beim Sortieren dieser ganzen Papiermassen in der Wohnung meiner Mutter plötzlich Unterlagen der hiesigen Polizeidienststelle fand.

Laut dieser Dokumente hatte meine Mutter in den Monaten vor der Diagnosestellung und der damit verbundenen Heimeinweisung in verschiedenen Supermärkten in der Nähe ihrer Wohnung geklaut. Jedesmal waren es nur wenige Dinge gewesen (so z. B. Sardinenbüchse für 65,- ct), aber anscheinend war sie auch jedesmal erwischt worden, und es war zu Anzeige gekommen.

Da sie in keinem der Fälle bei der Polizei zur eigenen Aussage erschienen war, hatte das zuständige Gericht meine Mutter anhand der Aktenlage zu einer Gesamtstrafe von mehreren hundert Euro verurteilt - ersatzweise Haft bei Nichtzahlung.

Ich war zunächst sehr schockiert, dann gleichzeitig hatte ich ebenfalls an die 20 Gläubiger gefunden, die alle ihre offenen Forderungen bei meiner Mutter geltend machten, die sich um und bei 20.000 € beliefen. In der Mehrheit hatte sie obskure Heilmittelchen bei irgendwelchen Versandfirmen bestellt (Knochenelixier, Omega-Fettsäuren-Kapseln etc.), an zahlreichen Gewinnspielen teilgenommen und ihre Telefon- und Handyrechnungen nicht mehr bezahlen können. Bereits vor einiger Zeit hatte ich mitbekommen, dass meine Mutter anscheinend nicht mehr mit Geld umgehen konnte, daher nahm ich an, dass Ihr nicht mehr genügend Geld für Lebensmittel geblieben waren, so dass sie zum Diebstahl im Supermarkt gezwungen war.

Mittlerweile denke ich das nicht mehr, denn ich fand im Internet u. a. einen ausführlichen Bericht über einen ehemaligen Polozeibeamten, der ebenfalls an Morbus Pick erkrankt war und auch im Supermarkt für Kleinstbeträge gestohlen hatte. Warum und wieso FTD-Kranke dies tun, habe ich bis heute nicht erfahren können.

Ich nahm den Kontakt zu den Polizeibeamten und dem zuständigen Staatsanwalt auf: Ein sehr mühsames Unterfangen, da sich diese Herren als zutiefst unkooperativ und störrisch verhielten. Sie beharrten darauf, dass - sofern die Strafe nicht finanziell beglichen werde - meine Mutter in Haft genommen werden müsse. Jeder Hinweis, dass die Frau im Grunde völlig mittellos war, prallte an Ihnen wirkungslos ab.

Daher erwirkte ich zunächst eine Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Begründung, dass meine Mutter zu diesem Zeitpunkt der Delikte bereits nachweislich erkrankt gewesen und somit schuldunfähig sei. Dies wies der Amtsrichter zurück und das Urteil war erneut rechtskräftig.

Erst wenige Wochen später erfuhr ich bei meinen Recherchen, dass ein betreffendes ärztliches Attest meine Mutter für haftunfähig erklären könne. Ich kontaktierte diesbezüglich umgehend den zuständigen, behandelnden Arzt, der ein solches Dokument ausstellte.

Nach Eingabe beim Amtsgericht war nun endlich Ruhe in dieser Angelegenheit eingekehrt (Haftunfähigkeit anerkannt), und ich musste nicht mehr fürchten, dass meine Mutter in Haft käme. Dennoch hätte ich mir viel Ärger und seelischen Stress erspart, wenn die Herren der Justiz mich konstruktiv unterstützt und schon zu einem frühen Zeitpunkt auf die verschiedenen Möglichkeiten aufmerksam gemacht hätten...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen