Donnerstag, 5. Mai 2011

Und jetzt?

Es ist früher Vormittag. Während die Kinder versuchen, dem Klavier Töne zu entlocken und somit beschäftigt sind, arbeiten wir uns fieberhaft und angestrengt durch die Postberge, die in Wohn- und Arbeitszimmer nicht nur offen herumliegen, sondern auch in zahlreichen Schubläden und Schränken vor sich hinschlummern. Auf geschätzte 10 Gewinnspielschreiben kommt ein "wichtiger" Brief. Viele Gewinnspiele sind beschriftet - mit dem Datum der Bearbeitung, der Höhe des eingesandten Betrages und Vermerken wie "Wichtig". Neben zahlreichen Mahnungen unseriöser Anbieter von "Gesundheits-Pillchen" finden wir u. a. eine fristlose Kündigung der Vermieterin, gerichtliche Mahnschreiben, Schreiben von Gerichtsvollziehern, Anzeigen wegen Diebstahls, die Aufforderung zur Ableistung des Offenbarungseides und verschiedene Haftbefehle. Ungeordnet packen wir diese Unterlagen ein - sie werden später bearbeitet werden müssen.

Der nächste Termin in der Klinik wartet: Die Oberarztvisite. Gemeinsam mit mehreren Ärzten, einem Sozialpädagogen und Pflegepersonal sitzen meine Mutter und ich in einem Raum. Sie ist einerseits völlig durcheinander, andererseits sehr misstrauisch und aggressiv. Sie wiederholt schallplattenartig ihre Aussagen, kann dem Oberarzt überhaupt nicht folgen, der ihr mehrfach geduldig erklärt, warum sie hier ist und dass sie krank ist. Nachdem wir alle uns dreimal mit ihr sprachlich im Kreise gedreht haben, und sie einfach gar nichts verstanden hat (oder auch nicht verstehen will?), beendet der Oberarzt das Gespräch und bittet sie, einige Minuten vor der Tür zu warten. Sie ist gar nicht begeistert davon, daß ich "mit denen da" über sie sprechen will und lässt sich nur langsam durch eine Schwester nach draußen begleiten.

Der Oberarzt wiederholt im Wesentlichen die Aussagen seines Kollegen, die mir schon bekannt sind. Dann sprechen wir über "die weitere Unterbringung" meiner Mutter, die aufgrund der Erkrankung sehr speziell ist. Die gesetzliche Betreuung muss angeregt werden, weitere Entscheidungen getroffen werden. Morgen kommt wieder der Richter zur Anhörung in die Klinik.

Wir fahren mit einem ganzen Berg von "Hausaufgaben" zurück zu den Schwiegereltern. Der Abend wird lang: Wir sortieren die Briefe und erhalten dadurch einen ersten Überblick über das Ausmaß der finanziellen Verpflichtungen. Gemeinsam diskutieren wir noch bis spät in die Nacht über die gesetzliche Betreuung bis wir eine Entscheidung fällen.

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