Mittwoch, 16. Mai 2012

Und wieder ist Muttertag

So schnell vergehen 365 Tage...ich war eine lange Zeit nicht hier...inzwischen ist natürlich einiges passiert und ich werde mir Mühe geben, weiterhin zu berichten, vor allem, nachdem ich gesehen habe, wieviele interessierte Menschen jeden Tag hier vorbeischauen. Nach meinem letzten Post brauchte ich ein bißchen Abstand, da ich durch das Erzählen die Dinge nochmal erlebe - was manches nicht einfacher macht...

Meine Mutter lebt jetzt seit gut 1,5 Jahren im Pflegeheim auf der gerontopsychiatrischen Station. Vor einigen Monaten ist sie einen Stock tiefer gezogen. Endlich konnte sie ihr heißgeliebtes Einzelzimmer bekommen. Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt. Erst kam der Anruf durch die Pflegedienstleitung für uns sehr überraschend: " Ihre Mutter kann in ein eigenes Zimmer umziehen, aber das muss dann morgen geschehen." - Also Job, Kinder und Sonstiges organisiert und gemeinsam mit dem allerbesten Ehemann von allen hurtig ins Heim gefahren. Ach halt, Mutters Sofa und Sessel, bei uns vorübergehend untergestellt, mussten ja auch noch per Anhänger mit!

Meine Mutter konnte überhaupt nicht begreifen, dass wir alle ihre persönlichen Dinge zusammenpackten, die Bilder von den Wänden nahmen und mit dem Fahrstuhl nach unten transportierten. Im Hause ging es zu wie am allerersten Tag in einem Studentenheim - überall wurden Kisten und Betten neu hineingebracht und Kleidungsstücke ein- und ausgepackt. Anscheinend hatte man beide Stationen komplett neu strukturiert. - Mit sehr viel Energie hatten wir wenige Stunden später ein hübsches Zimmer hergerichtet; Alle Bilder hingen an der Wand, Bücher und CDs waren einsortiert, alle Klamotten im Schrank, eine nette Sofa-Ecke hingestellt.

Meine Mutter bekam einen eigenen Schlüssel für ihr Zimmer, und von Anfang an haben wir den Eindruck, dass es Ihr sehr guttut. Bedauerlicherweise stellte sich schnell heraus, dass es unglaubliche Qualitätsunterschiede zum Pflegepersonal der anderen Station gab, was zu anderen Schwierigkeiten führte, aber davon berichte ich mal in einem anderen Post...

Wenige Wochen später erhielten wir wieder einen Anruf: "Der Fußboden im Zimmer Ihrer Mutter wird ausgetauscht - wir beginnen morgen früh mit dem Ausräumen des Zimmers!" - Halt! Wie war das? - Mit Engelszungen redete ich auf die Altenpflegerin am Telefon ein, dass meine Mutter sehr, sehr empfindlich auf das Anfassen ihrer Dinge durch ihr fremde Personen reagierte, dass sie diese Aktion nicht verstehen könne, dass ich soo kurzfristig morgen nicht kommen und das begleiten könne, dass dieser Fußbodentausch doch bitte verschoben werde...So weit so gut, man gewährte mir einen Tag (!) Aufschub.
- Also, Job, Kinder und Sonstiges organisiert und mit dem allerbesten Ehemann von allen hurtig ins Heim gefahren. Gemeinsam mit meiner Mutter, die wiederum sehr aufgeregt war und sich nur schwer beruhigen liess, brachten wir frühmorgens alle ihre persönlichen Dinge ins Dachgeschoss, während Bett und Schrank auf den Flür gestellt wurden. Leider hatten wir später am Tag keine Zeit, um nochmals vorbeizukommen (das Heim liegt immerhin 30 km von uns entfernt) und das Zimmer wieder einzuräumen. Ich versprach, dies am folgenden Tag morgens zu tun. - Leider haben wir erst sehr viel später durch das Pflegepersonal erfahren, dass meine Mutter an diesem Abend so ausgerastet ist und sogar andere Mitbewohner dazu bewegt hat, ihr beim Hineintragen des schweren Schranks in ihr Zimmer behilflich zu sein. Ein Schlag in die eigene Magengrube, denn genau das hatte ich ihr ersparen wollen...Nun denn, weitere umfangreiche Renovierungen auf dieser Station fanden dann außerhalb des eigenen Zimmers statt.

Doch zurück in die Gegenwart - wie war der Muttertag 2012? - gemeinsam mit den Kindern haben wir sie nachmittags besucht. Sie ist immer noch mobil, hat keine Bewegungseinschränkungen, allerdings spricht sie kaum noch - und wenn, dann sucht sie verzeifelt nach Worten oder benutzt falsche. An sie gerichtete Fragen nimmt sie kaum war, geschweige denn, dass eine Antwort kommt. Wir sind mit Mutter im Park spazieren gegangen - die Kinder fuhren Roller - und haben anschließend im klinikeigenen Cafe Kaffee und Kuchen zu uns genommen. Sie strahlte die ganze Zeit über das Gesicht und freute sich - über uns und darüber, die Kinder beobachten zu können. Anschließend ließen wir uns - wie jeden Sonntag - in ihrem Zimmer nieder, um abschließend noch eine Runde "Mensch ärgere Dich nicht" zu spielen. Sie hat immer die gelben Spieler - und sie versucht immer zu betrügen....und das Rauswerfen hat sie auch abgeschafft....unsere Kinder werden einges Tages vermutlich einmal richtig ausgelacht werden, wenn sie diese spezielle Variante dieses Spiels versuchen mit anderen zu spielen.

Es war ein schöner Muttertag, ruhig, gemütlich und freundlich. Wir haben die Zeit miteinander genossen. Es war ein guter Tag, der die eigene Seele gestreichelt hat.


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